Religion – Ein leben in Zwang? Teil 2: Für Gnade und Belohnung

Kaaba, Mekka (c) Adnan Siddiqi, Hajj 2014
Kaaba, Mekka (c) Adnan Siddiqi, Hajj 2014

Ein Leben ohne Glauben

Wie ist nun das Leben ohne Glauben? Was unterscheidet “uns”? Jemanden, der glaubt, von jemandem der nicht glaubt? Gibt es so jemanden überhaupt? Denn wenn ich nicht glaube, glaube ich ja trotzdem an etwas, nämlich daran, dass dieser Glaube falsch ist? Bzw. glaube ich daran, dass mein Nicht-Glaube richtig ist. Die Nicht-Gläubigen haben sich doch auch einen eigenen Namen gegeben: Atheist. Wenn ich also sage, “ich bin ungläubig”, sage ich jetzt “ich bin Atheist”. Das klingt doch genauso, wie wenn ich sage “ich bin Muslim”. Ich bin ja etwas, oder nicht?

Dann gibt es die Personen, die meinen, sie glauben an gut und böse, richtig und falsch. Woher nehmen wir diese moralen Prinzipien? Woher wissen wir, was gut und was böse ist? Das sind doch ebenfalls Ableitungen aus den Religionen.

Wie genau Leben Menschen “ohne Glauben” freier? Was ist ihre Befreiung? Meiner Ansicht nach Leben Menschen, die der Meinung sind, sie sind frei, weil sie nicht glauben, am Meisten in einer Welt von Zwang. Sie zwingen sich, nicht dem zu folgen, nicht das zu machen was geschrieben ist. Hier wird viel Energie investiert, nur um sicherzustellen, dass man ja nicht Gott und sein Werk erwähnt. Sie rennen dem Geld nach, denn es ist nie genug. Sie verbringen weniger Zeit mit der Familie, denn sie müssen mehr arbeiten, um das Geld zu verdienen. Sie werden neidisch auf andere, weil sie mehr haben. Sie sind in einem konstanten Rennen, wo es nur darum geht, besser als der andere zu sein. Man lebt in einem Teufelskreis und ist nie wirklich zufrieden.

Doch die Aussage beruht ja auch darauf, dass die Menschen im Namen der Religion töten. Wenn es die Religion nicht gäbe, hätten diese Menschen also keinen Grund zum Töten. Ist das wirklich so? Soll dies bedeuten, dass die Motivation der Menschen ausschließlich die Religion ist? Gab es vor den Religionen keine Kriege?

Gäbe es keine Religionen, würden die Menschen immer noch Gründe finden, um Krieg zu führen. Die Religion ist nur ein Vorwand, so wie es früher andere Themen waren. Es dreht sich immer um Macht und Geld.

Die Freiheit des Glaubens

Ich finde daher, man ist wirklich nur dann frei, wenn man seinen Glauben findet und ihn akzeptiert. Wieso wollen wir ohne Glauben leben? Wo genau ist das negative am Glauben? Welche Religion spricht darüber, Kriege zu führen, zu töten oder zu hassen?

Was verlangt Gott? Dass wir an ihn denken, wenn wir Hilfe benötigen und ihm danken, wenn wir sie bekommen? Das soll der Grund sein, der zu dem Unheil in dieser Welt führt? Das soll der Zwang sein, dem wir uns nicht ergeben wollen? Gott möchte uns helfen, ein gutes Leben zu führen, nicht es zu zerstören.

Ein Mensch, der tatsächlich den Glauben so lebt, wie es vorgeschrieben ist, würde sich niemals in einem Krieg, geschweige denn einem Streit wiederfinden. Egal, welche Religion, denn jede spricht von Frieden und einem gemeinsamen Leben. Es ist der Mensch, der es immer wieder schafft, Wege zu finden, andere zu manipulieren und sie für seine Zwecke zu missbrauchen.

Lassen wir uns aber nicht davon täuschen. Und vor allem, lassen wir uns nicht dazu hinleiten, andere wegen ihres Glaubens oder Nicht-Glaubens zu verurteilen. Der Glaube kann nicht schuld am Handeln von Menschen sein. Die Entscheidung, eine Handlung in der Art und Weise durchzuführen, obliegt dem Menschen, nicht einem Glauben. Wieso dieser Mensch glaubt, es sei die richtige Entscheidung, das können wir nicht beurteilen. Wir können nur versuchen aufzuklären und einen besseren Weg zu zeigen. Es ist wichtig, gerade in Zeiten wie diesen, nicht mit dem Finger zu deuten, sondern Zusammenhalt zu zeigen. Konflikte und Hass auszulösen ist genau das Ziel dieser Menschen. Lasst uns versuchen, darüberzustehen und ihnen die Stirn zu bieten. Nicht mit Hass, sondern mit Gemeinsamkeit.

Surah Al-Fatiah – Die Eröffnende

Zum Schluss möchte ich noch auf eine Surah aus dem Koran und dessen Bedeutung hinweisen. Die Surah Al-Fatiah ist de erste Surah des Korans. Dies sind die ersten Worte, die man liest, wenn man den Koran öffnet. Daher wurde sie vom Propheten Mohammed (saws) auch stets als “die Eröffnende” bezeichnet.

Sie war auch eine der ersten Surah, die dem Propheten Mohammed (saws) offenbart wurden. Grund dafür ist, dass sie nicht nur den Koran eröffnet, sie eröffnet auch das tägliche, fünfmalige Gebet. In jedem Gebet, wird zuerst diese Surah rezitiert, bevor man etwas anderes aufsagt. Sie besteht in Summe aus sieben Versen, die wie folgt übersetzt sind (1):

  1. Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen.

  2. Lob sei Gott, dem Schöpfer der Welten,

  3. dem Gnädigen, dem Barmherzigen,

  4. dem Alleinherrscher am Tag des Jüngsten Gerichts!

  5. Dir allein dienen wir, und Dich allein bitten wir um Hilfe und Beistand.

  6. Führe uns den geraden Weg,

  7. den Weg derer, denen Du die Gnade (des wahren Glaubens) erwiesen hast und nicht derer, die sich Deinen Zorn zugezogen haben und in die Irre gegangen sind!

Um was geht es in diesen Versen? Es geht um die Lobpreisung Allahs und die Bitte seitens des Menschen für seinen Beistand und um ihn auf dem richtigen Pfad zu halten. Der Prophet Mohammed (saws) sagte, wer den Vers “Lob sei Gott, dem Schöpfer der Welten” wiederholt, dankt Gott und er wird die Belohung für ihn erhöhen (2).

Jeder Muslim sagt diese sieben Verse aufgrund der fünf Gebete mindestens 17 mal pro Tag auf. Einer der großen Übersetzer und Islamforscher, Nisaburi sagte diesbezüglich:

“Da Gott dich gesegnet hat, diese Worte siebzehn mal täglich in den verpflichtenden Gebeten zu wiederholen, bedeutet es, dass er dich nicht zum Töten und Foltern erschaffen hat, sondern eher für Gnade und gute Belohnung.”(3)

In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Ramadan und mögen unsere Gebete erhöhrt werden. Ameen.

Quellen:

1: https://quran.com/1

2: The Quran and its interpreters, Volume 1: Surah 1 and 2, S.47

3: The Quran and its interpreters, Volume 1: Surah 1 and 2, S.45


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